Der Höhenflug von CR7

Kaum jemand polarisiert so stark wie unsere Fußballstars es tun, allen voran Cristiano, Lionel oder – für uns Österreicher – Marco. Mansche mögen sie, andere hassen sie. Wie sie wirklich sind, wissen wir eigentlich nicht, wir kennen nur das Bild, das die Medien von ihnen zeichnen. Stell Dir vor, Dein Name stünde auf einmal in allen Zeitungen und alle rund um Dich bewundern etwas an Dir und Du kannst Dich praktisch nicht mehr frei bewegen, ohne dass jemand um ein Foto oder Autogramm fragt. Dein Konto ist chronisch im Plus und Du brauchst professionelle Hilfe, um die Geldflüsse zu regeln – vor allem die Einnahmen. Wie kann man in einem solchen Szenario derselbe bleiben? Jeder verarbeitet das anders. Lionel kapselt sich ab, wirkt bescheiden – und hinterzieht gleichzeitig mit Hilfe seiner Familie Millionen. Ronaldo verwandelt sich in die Kunstfigur CR7 und richtet alle seine Handlungen danach aus, der Öffentlichkeit diese Figur vorzuspielen und deren Wert zu steigern. Mich erinnert CR7 an Falco, den jeder kennt, aber nur Wenige kennen den Hans Hölzl dahinter. Aber es geht auch anders, oder, wie Marco es auszudrücken pflegt: „i kaun Dei Lebn kaufn“. Da hat es doch jemanden ganz nach oben in den Geldadel katapultiert ohne dass auch gleichzeitig seine Sozialisierung diesem atemberaubenden Aufstieg hätte folgen können. Ronaldos Ruhm und Reichtum sollen Anlass sein, zu überlegen, woher das alles kommt.

2007

Florian und ich verfolgen den Werdegang dieses CR7 seit seinen Anfängen bei Manchester. Wir unternahmen 2007 eine Osterreise in die Midlands und buchten bereits im Jänner ein Ligaspiel in Old Trafford am Osterdienstag (probier‘ das einmal in Österreich). Wie es dem Zufall gefällt, wurde dieses Ligaspiel auf später verschoben und stattdessen musste Manu an diesem Dienstag im Viertelfinale der Champions-League gegen AS Roma antreten. Wir konnten die Karten vom Ligaspiel auf diesen Kracher mit einer Aufzahlung umbuchen und erlebten eine durchschnittliche Hospitality-Bewirtung (wer mehr will, muss mehr zahlen) in der RedBar, gemeinsam mit vielen Roma-Fans, die keine anderen Karten mehr bekommen haben. Die Ausgangslage war, dass AS Roma das Spiel in Rom mit 3:1 gewonnen hatte und sich berechtigte Hoffnungen auf einen Aufstieg gemacht hat. Aber es kam anders. Manu gewann 7:1 mit zwei Ronaldo-Toren. Dieses Schlüsselspiel wird auch in der Ronaldo-Biografie in der Wikipedia erwähnt. Ronaldo wurde danach als erster Portugiese zum Fußballer des Jahres in England gewählt und sein Aufstieg zum Weltstar begann. Und wir waren dabei. Kein Wunder, dass wir diesen Fußballer mehr als andere medial verfolgen. cr7-1 Bild vom 10.4.2007 CR7 beim Aufwärmen vor dem Spiel Manchester United-AS Roma CL-Viertelfinale. 7:1 für Manu, 2 Ronaldo-Tore. Aufnahmeabstand ca. 80 Meter.

2016

Heuer wollte es das Los, dass Österreich mit Portugal in eine Gruppe gelost wurde. Ein weiterer Zufall war, dass das Spiel Österreich-Portugal gerade auf Florians Geburtstag fiel und wir eine gemeinsame Fußballfahrt zu diesem Spiel unternommen haben und Florian die Gelegenheit hatte, sein Idol wieder einmal live zu sehen. cr7-2 Bild vom 18.6.2016. CR7 beim Aufwärmen vor dem Spiel Portugal-Österreich 0:0. (X = Ronaldo) Die Achtung vor unseren österreichischen Kickern ist in diesem Spiel gestiegen, weil es dem späteren Europameister Portugal inklusive Ronaldo nicht gelungen ist, Österreich zu besiegen. Sogar einen Elfer hat der Meister verschossen. So müssen sich Altacher fühlen, wenn sie Rapid ohne Sieg nach Hause schicken.

Von Cristiano zu CR7

In diesen Jahren ist unsere Beziehung zum Superstar etwas abgekühlt. Wegen seiner theatralischen Auftritte ist unsere frühere Verehrung einer eher nüchternen und fast schon distanzierten Betrachtung gewichen. Als Fußballer ist er top, aber die Vermarktung der Marke CR7 gefällt uns weniger. Der öffentliche Ronaldo ist dieser CR7, das Bild, das er von sich zeichnet, der private ist weitgehend unbekannt, auch wenn er sich hin und wieder mit seiner „ganz normalen“ Familie darstellt. Nichts in diesen Dimensionen ist „normal“.

Spendenfreudig

Viele werden einwenden, dass ja dieser CR7 viele Sozialprojekte fördert, wie zum Beispiel im folgenden Facebook-Eintrag (unmittelbar nach der EURO) gezeigt wird: cr7spendet
Ja, ist schön von ihm! Aber nicht schöner als eine 200-Euro-Spende von einem von uns.
 
Bitte mitrechnen und vergleichen.
Was braucht der Mensch zum Leben? Das Minimum in Österreich liegt irgendwo bei 15.000,- Euro pro Jahr, gegeben durch die Mindestsicherung. Ich selbst verfüge über etwa 30.000,- Euro und davon bleibt nichts übrig. Ein Urlaub ist da nicht dabei aber einige Auswärtsfahrten mit Rapid als Urlaubsersatz.
CR7 hat einen geschätzten Jahresverdienst von 42 Millionen Euro (->Links). Ronaldo bleibt nach Abzug durchschnittlicher Lebenshaltungskosten praktisch genau so viel am Konto, nämlich 42 Millionen. (Seine 21 Automobile zähle ich nicht zu Lebenshaltungskosten.)
Wenn Ronaldo 275.000 Euro spendet, dann sind das etwa 0,6 Prozent seines Jahresverdiensts. 
 
0,6 Prozent meines Jahreseinkommens wären 180 Euro. Viele von uns spenden daher durchschnittlich eben so viel wie Ronaldo, viele auch mehrin Relation natürlich. Ich spende 120,- Euro an die Caritas und ebenso viel an die Wikipedia und natürlich an Ján unseren grün-weißen Augustin-Verkäufer.
Wo liegt der Unterschied? 
Der Unterschied ist, dass 180 Euro für jeden von uns ein nicht zu vernachlässigender Betrag sind. Es ist etwa so viel wie ein Abo für Mitglieder auf der Südtribüne im neuen Stadion. Es ist ein wesentlicher Faktor in unserer Beziehung zu Rapid. Weil unsere Spende das Einkommen schmälert, das wir zum Leben brauchen und wir es anderswo einsparen müssen, aber reiche Menschen wie Ronaldo nicht.
Daher leistet jeder von uns, der 0,6 Prozent seines Jahreseinkommens spendet viel mehr als Ronaldo.

Ronaldo wird durch die Spende sogar reicher!

Wie das? Das funktioniert so: der „Gehalt“ von Ronaldo als Fußballspieler ist etwa 12 Millionen Euro pro Jahr. Der Rest sind Einnahmen aus Werbeverträgen. Die Höhe eines Werbevertrags hängt aber von der Popularität des Protagonisten Ronaldo ab. Mit jeder Pose am Fußballfeld, mit jedem Tor, mit jedem Titel und mit jedem (inszenierten) Auftritt steigt der Wert der Marke CR7. Wenn nun Ronaldo 0,6 Prozent seines Jahreseinkommens spendet, dann tut er das nicht so wie Du und ich anonym, per Zahlschein; nein, er macht das mit großem Bahnhof in Form eines Auftritts an einem publikumswirksamen Augenblick, zum Beispiel am Ende der EURO. Das bringt ihm Hunderttausende „Gefällt mir“ in Facebook ein und die Bezeichnung „Ehrenmann“. Und ganz nebenbei steigt der Werbewert der Marke CR7. Beim nächsten Werbevertrag kann er die durch diese Spende gestiegene Popularität so viel mehr verlangen, dass diese Spende eine gewinnbringende Investition ist.
Die eigentliche Bedeutung dieser publikumswirksamen Spendenaktionen liegt also in der Stärkung der Marke „Ronaldo“. Daher wird die Spende auch medial kommuniziert.
Wenn Ronaldo 0,6 Prozent seines Jahreseinkommens spendet, applaudiert der Fan; wenn das einer von uns tut, dann ist das zwar eine vergleichbare Leistung aber es ist egal. Übrigens erbringen 1.400 Personen, die ebenso 0,6 Prozent ihres Jahreseinkommens spenden, dieselbe Spendenleistung wie Ronaldo.
Ronaldo kann für all das nichts. Es ist eine Eigenschaft der Wirtschaft, dass öffentliche Bekanntheit einen Werbewert nach sich zieht. Auch wenn Ronaldo exakt dieselbe Absicht beim Spenden hat wie Du und ich, wirkt sich das bei ihm anders aus.

Ronaldo als Rapid-Fan?

Schauen wir, was Ronaldo in Relation aufwenden müsste, um einen ähnlich hohen Einsatz aufzubieten wir ein engagierter Fan bei Rapid das tut.
Rapid ist ein gemeinnütziger Verein. Jeder Anhänger, der sich zum „harten Kern“ der Anhänger zählt, und „alles mit Rapid mitmacht“, leistet für seinen Verein eine ganze Menge. Leider kommen die größten Beträge für die Reisen nur zu einem kleinen Teil dem Verein zugute. Ein Beispiel mit autobiografischen Zügen:
  100,- Euro Mitgliedschaft
  400,- Euro Abo
  200,- Euro weitere Heimspiele
2.000,- Euro Auswärtsfahrten international
2.000,- Euro Auswärtsfahrten inland
  200,- Euro Fanartikelkauf
------------
4.900,- Euro
Das ist natürlich nur eine Überschlagsrechnung. Vermutlich geben manche Fans auch noch mehr aus. Dieser Betrag sind etwa 17 Prozent des ursprünglich erwähnten Jahreseinkommens von 30.000,- Euro. In der heurigen Saison kommt auch noch die Konsumation im Stadion dazu, denn die floss in den letzten Jahren in die lokale Gastronomie.
Was müsste ein CR7 tun, um dieselbe Leistung zu erbringen wie es ein Hardcore-Fan gegenüber Rapid erbringt?
Damit ein CR7 in diese Dimensionen vordringt, müsste er immerhin 7 Millionen pro Jahr aufwenden. Er investiert natürlich schon solche Summen, etwa in sein Hotelprojekt oder in seinen Fahrzeugpark. Aber wie gesagt, nicht in ein ideelles Projekt wir das ein Rapid-Fan tut.
Bei allen diesen Vergleich müssen wir bedenken, dass die 30.000,- Euro eines Durchschnittsverdieners am Jahresende praktisch weg sind und daher die 20 Prozent Ausgaben für Rapid einen wesentlichen Anteil am Haushalt haben und daher andere Aktivitäten wie eben einen Urlaub verunmöglichen, während es bei Ronaldo ziemlich egal ist, wie viel er wem spendet. Das hat überhaupt keinen Einfluss auf sein Leben. Und wie wir gesehen haben, investiert er diese wesentlichen Vermögensanteile nicht – wie ein Fan – in ein gemeinnütziges Projekt sondern ausschließlich in persönliche Projekte.

Was ist der Wert eines Fußballers?

Wer über die Superstars spricht, kommt nicht um die Frage herum, ob die denn ihr Geld wert sind und warum sie so viel kosten. Oft hört man, man solle diese Transfersummen beschränken. Aber wer soll das tun? Und mit welchem Recht? Kann ein Fußballer 12 Millionen pro Jahr Wert sein? Oder spielt dieser Fußballer doppelt so gut als ein anderer, der 6 Millionen verdient? Für einen Fußballfan gibt es nur eine Ideologie: ein Titel muss her, koste es was es wolle. Und wenn das mit einem Spieler um 12 Millionen möglich wird, dann war er uns das wert. Wenn nicht, wars ein Reinfall. Und genau dieses „koste es was es wolle“ ist es, das die Kosten für gute Spieler so explodieren lassen. Du kannst einen beliebigen bürgerlichen Beruf haben. Immer wird es jemanden geben, der das, was Du machst besser macht, schneller macht und eventuell auch etwas mehr verdient als Du selbst. Aber keiner in diesen Niederungen wird so reich werden wie Ronaldo es ist. Warum? Weil uns niemand bei der Arbeit zuschaut und damit Werbewert generiert. Aber viele träumen davon, reich zu sein – und spielen Lotto. Unsere Gesellschaft (zumindest die große Masse) ist ziemlich ausgeglichen aber es gibt so etwas wie die Liga der Superreichen. Wir alle können dort nicht hingelangen – jedenfalls nicht durch Arbeit und Fleiß – aber wir investieren in Fußball, in ein Spiel, das es ermöglicht, indirekt dort oben zu stehen. Nicht wir, sondern der von uns favorisierte Verein ist es, der mit unserer Hilfe einmal ganz oben stehen soll – und wir mit ihm. Und weil wir so viele sind, die das wollen und weil wir alle die Spiele besuchen, die Fernsehübertragungen anschauen, Fanbekleidung kaufen, weil durch unsere große Zahl das Interesse der Werbewirtschaft steigt, sind die Vereine reich. Aber eigentlich sind ja bei jedem Verein nur etwa 25 Spieler und der Trainerstab zu finanzieren. Und es findet ein Wettbewerb um die besten Spieler statt, wie in einer Auktion im Dorotheum. Man kann Glück haben und eine Rarität günstig bekommen, nur weil zufällig kein anderer Interessent mitbietet. Man kann aber auch ganz daneben liegen und viel zu viel bezahlen. Und je mehr Geld verfügbar ist, desto länger kann ein bietender Verein an der Spielerbörse mit anderen mithalten. Der Wert eines Spielers ist der, den jemand bereits ist, für ihn zu bezahlen. Nicht mehr und nicht weniger. Und diese Begehrlichkeit wächst mit mit der Zahl der Anhänger und mit dieser Zahl das Budget. Je größer das Budget eines Vereins ist, desto mehr Wert hat auch dessen Team. Warum? Weil alles Geld in dieses Team investiert wird. Ob das Team auch gleichzeitig eine höhere Klasse hat, ist eine andere Frage. Das kann sein, wenn der Sportdirektor und die Spielerbeobachter die Spieler richtig einschätzen. Aber man kann sich irren. Und wer den Ronaldo will, muss bis zum Schluss mitbieten, dann wenn alle anderen schon ihren Abnehmer gefunden haben und nur mehr die Reichsten der Reichen am Bietertisch sitzen.  Und wie viel der Gewinner der Auktion aufbieten muss, bestimmt derjenige, der ebenfalls fast bis zum Schluss mitgeboten hat. Der Sieger der Auktion bekommt mit diesem 100 Millionen einen der besten Spieler der Welt. Würden aber nur halb so viele Fans Fußballspiele besuchen, dann wäre es derselbe Ronaldo aber man würde ihn um 50 Millionen bekommen, einfach weil nicht mehr Geld da ist. Schließlich könnte auch sein, dass auf einer Wiese im Marchfeld ein außergewöhnlich begabter Spieler kickt aber niemand entdeckt ihn. Interessant war das Interview mit David Alaba als er erzählte, wie es bei ihm war als er durch einen Motorschaden fast das entscheidende Probetraining zum Einstieg in die Akademie verpasst hätte. Es ist sich gerade noch ausgegangen und er hat Karriere gemacht.

Wer bestimmt den Marktwert?

Wenn wir es als Rapid mit einer unbekannten Mannschaft zu tun bekommen, dann ist das Erste ein Vergleich der Marktwerte auf Transfermarkt. Bei TORPEDO-BELAZ ZHODINO sind es 4 Millionen und bei Rapid 25 Millionen. Man könnte meinen, Rapid wäre 6mal so „gut“. Hier ist große Vorsicht geboten, denn diese Zahl hängt davon ab, in welchem „Auktionshaus“ man das Personal einkauft. Unter der Annahme, dass das eher isolierte Weißrussland hauptsächlich im Inland auf der Suche nach Spielern ist, schlage ich vor, diese Zahlen durch eine zweite Zahl, nämlich das BIP pro Kopf zu relativieren. Daraus ergibt sich:
  • 8:50 BLR:AUT BIP
    4:25 BLR:AUT Marktwert
Es ist also kein Wunder, wenn in Weißrussland weniger Geld in die Vereinskasse fließt, weil man dort weniger reich ist. Die Relation der Kaderwerte entspricht ganz genau der Relation der Bruttoinlandsprodukte pro Kopf. In Weißrussland kauft man auf einem anderen Spielermarkt ein, auf dem Spieler billiger sind. Sie müssen auch nicht in einem Hochpreisland wie Österreich leben. Beide Vereine sind also wertberichtigt durchaus auf Augenhöhe trotz des großen Unterschiedes der absoluten Zahlen.

Fußballvereine investieren in Erfolg

Ganz im Gegensatz zu unserem eigenen Leben ist jenes eines Fußballers ein Leben ohne Netz. Es ist geradezu ein perfektes Abbild einer Gesellschaft ohne soziale Absicherung. Es gibt ein paar, die ganz oben stehen, es gibt viele lokale Größen und ein Heer von Verlierern, die sich in den unteren Ligen tummeln. Sie alle haben es versucht, in dieser Disziplin ganz nach oben zu kommen und sind eigentlich alle gescheitert. Schlecht ausgebildet und schlecht vorbereitet auf den Übergang zu einem Zivilberuf. Was ist Dein Beruf? Bist Du Büroangestellter, Redakteur, Mistkübler, Verkäufer, Kellner oder Koch? Egal, es wir immer bessere in Deinem Beruf geben. Aber honoriert wird das in der Regel nicht. Der Vorteil der Einheitsbezahlung: ein Unternehmen wird viel leichter berechenbar, weil man die Personalkosten kennt. Du bekommst Sicherheit, das Unternehmen Planbarkeit. Mit einem solchen festen Beruf verzichten wir auf die theoretische Möglichkeit des Reichtums zugunsten einer langfristigen Sicherheit. Stell Dir vor, Deine Firma hätte einige Millionen Gewinn pro Jahr und würde dieses Geld unter den Angestellten verteilen. Toll nicht? (Achtung, gilt auch bei ebenso großen Verlusten!) Aber das passiert nicht. Das Geld wird in in der Regel zum Teil durch die Aktionäre/Eigentümer abgeschöpft und zum anderen Teil investiert. Ein Fußballverein hingegen, investiert den kompletten Überschuss in diese etwa 30 Personen, Fußballer und Trainer. Es bleibt nichts über. Gewinne gibt es nicht, nur sportliche Erfolge; wenn Tore fallen, Spiele und Titel gewonnen werden. [An dieser Stelle könnte man sich ein Beteiligungsmodell zwischen Anhängern und Verein vorstellen. Der Verein erwirtschaftet ein jährliches Vermögen, das entweder in Spieler investiert oder an die Mitglieder ausgezahlt wird. Wenn – wie im Falle von Real – der Verein auf die Idee kommt, 100 Millionen für einen Spieler zu investieren, könnten die beteiligten Mitglieder mitbestimmen, ob man das auch machen soll oder nicht etwa die Hälfte an die Mitglieder ausschüttet. Durch ein solches Modell könnte man diesem derzeit nahezu ungebremsten Preisanstieg mit einem entgegengerichteten Interesse begegnen. Beide, Verein und Mitglieder entscheiden, wo es lang geht. Aus diesem Beteiligungsmodell können vielleicht auch gleichzeitig mehr Mitglieder gewonnen werden, weil ihr Einsatz in den Verein – je nach sportlichem Erfolg aus zurückfließen kann. Insbesondere könnten Mitglieder von Retortenklubs durch ein Beteiligungsmodell anderer Vereine bewogen werden, die Fahnen zu wechseln, was das Interesse der Superreichen an Fußballklubs schwächen könnte, denn wer will schon zu einem Fußballspiel, bei dem niemand zuschaut, außer vielleicht die Gästefans.]

Von Zwergen und Riesen

Zwischen den Zwergen in der Bundesliga wie Altach und Mattersburg und den Top-Klubs RB, Rapid und Austria klaffen finanzielle Welten. (Link) Beim Umsatz ein Faktor 15 zwischen Altach und RB. Und der Unterschied ist, dass eben RB in einem anderen „Geschäft für Fußballer und Trainer“ einkauft als das Altach tun kann. Altach kauft bei „Hofer“ und RB beim „Meinl am Graben“. Aber die Anzahl der Kalorien pro Leberkässemmel ist dieselbe. Sicher, die Waren am Graben sind besonders ausgewählt, manche Sachen schmecken vielleicht ein bisschen besser aber sonst gibt es keinen Unterschied. Auch im Fußball hilft es nicht viel, „Rapid“ zu sein, wenn man dann nicht einmal gegen Altach gewinnen kann. Weil eben die Kicker nicht so viel mehr können als sie mehr kosten.

Ronaldo rechnet sich

Es scheint irrwitzig zu sein, für einen Spieler 100 Millionen Euro auszugeben wie seinerzeit Real Madrid für Ronaldo. Wenn man aber die jährlichen Erlöse aus den Merchandising-Produkten betrachtet, dann ist das möglicherweise für Real sogar ein einträgliches Geschäft. Link

Wert kontra Können

Geradezu skurril mutete das Gespräch zwischen den Experten des ORF bei einem der Spiele der EURO an, bei dem sinngemäß gesagt wurde, dass die 40 Millionen, die ein Spieler mehr Wert wäre als ein anderer, durch die dargebotene Leistung auch gerechtfertigt wäre. Allen Ernstes wurde das dort so gesagt. Die Unterschiede im Kaufpreis deuten nur auf eine unterschiedlich hohe Begehrlichkeit hin, nicht auf einen bedeutenden Klassenunterschied. Es wird schon so sein, dass der um 40 Millionen teurere Spieler gewisse Qualitäten hat, die ihn in einer Qualitätsreihung vor andere Spieler stellt. Aber die sich dann aus dieser ziemlich subjektiven Einschätzung ergebenden gigantischen Kaufpreise ergeben sich aus der geringen Anzahl von Spielern in dieser Leistungsklasse und der gegenüberstehenden großen Nachfrage potenter Vereine mit gefüllter „Kriegskasse“, eine Kasse, die wir Jahr für Jahr auffüllen. Wenn man einen Spieler begehrt, der ein bisschen besser spielt, muss man nicht ein bisschen mehr zahlen. Man muss aberwitzig mehr bezahlen, weil man nicht der einzige Käufer ist, das Angebot beschränkt und der Erwartungsdruck groß sind.

Und Gott ist Mensch geworden

Wir wissen nicht, was alles hätte sein können, wenn Ronaldo mitgespielt hätte, in diesem Finale gegen Frankreich. Bei seiner Verletzung hat niemand mehr auf Portugal gesetzt, speziell angesichts der großen Überlegenheit der Franzosen. Es kann aber sein, dass allein dieser Qualitätsverlust bei den Portugiesen ein „jetzt erst recht“-Gefühl erzeugt hat oder ein „wir machen das für Dich, Ronaldo“-Gefühl. Auffällig ist, dass die erste Spielphase den Franzosen gehört hat aber mit längerer Spieldauer die Portugiesen immer sicherer wurden. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Frankreich kein Tor gelungen ist und dadurch die schwächere Mannschaft mehr Selbstvertrauen getankt hat und wer es bis zur 70. Minute ohne Gegentor schafft, der kann es auch bis zur 90. Minute ohne Gegentor schaffen. Mich erinnert der Ausfall von Ronaldo an die Ausfälle unseres Kapitäns Steffen Hofmann bei Rapid. Allein seine Anwesenheit am Feld gibt der Mannschaft Sicherheit, die dann plötzlich fehlt. Auch heuer ist das gleich zu Saisonbeginn wieder der Fall aber wir wollen doch hoffen, dass unser Team schon so gefestigt ist, dass uns das nichts mehr ausmacht. (Es war schon einem in einem Spiel gegen Ried als der schon sehnsüchtig erwartete Steffen in seinem damals ersten Spiel nach der München-Pause unter Zellhofer für Rapid aufgelaufen und prompt wurde das Spiel 1:2 verloren.) Jeder will Europameister werden aber keiner hat es vor dem Bewerb so deutlich ausgesprochen wie Ronaldo. Dann liegt er da, verletzt und unfähig weiter zu spielen. Die Tränen sind echt. Weg ist der Nimbus des Torjägers und er ist nicht mehr in der Lage, höher als alle anderen zu springen, um Tore zu schießen. Heruntergestoßen vom Olymp des Fußballstars. Er ist nicht mehr dieser kraftvolle CR7, nein es ist nur mehr Cristiano himself. Eigentlich hat man bei seiner Verletzung die Felle für Portugal schon davon schwimmen sehen. Doch anders als andere Spieler, die nach einer Auswechslung mehr oder weniger gelangweilt auf der Ersatzbank sitzen, bekommt Portugal in der zweiten Hälfte mit Ronaldo einen zweiten Coach, der die Mannschaft allein durch seine Anwesenheit an der Linie vorwärts treibt. Ich hatte den Eindruck, als erlebten wir hier Ronaldo selbst und nicht diese Kunstfigur der heldenhaften Posen, die wir sonst von seinen Auftritten gewohnt sind. Durch diese unglückliche Verletzung ist Ronaldo für mich zum Held des Spieles geworden, obwohl er im Spiel nur wenige Ballkontakte hatte. Er ist in dieser Tragik Mensch geworden, einer von uns, und von seinem Star-Olymp abgestiegen. Man konnte mit ihm mitfühlen, was in allen anderen Situationen eher nicht der Fall war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ronaldo nicht als Fußballer des Jahres gekrönt wird, auch wenn er im Finale der EURO nicht mehr mitgewirkt hat. Cristiano_Ronaldo_entrenando_(crop) Bild von Ruben Ortega – Wikimedia Commons, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48550566
Abschließend fällt mir dazu eine Szene aus „My Fair Lady“ ein, in der Eliza sagt, dass eine Prinzessin nicht jemand ist, der sich so bezeichnet, sondern der, den man so behandelt.

Links

Der ursprüngliche Link zur Information über Ronaldos Vermögen existiert leider nicht mehr (http://www.vermoegen.org/cristiano-ronaldo-vermoegen/) aber Patrick aus Linz hat uns dazu eine aktuelle Quelle genannt: Danke, Patrick!

2 Antworten zu “Der Höhenflug von CR7”

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