Gerhard Niederhuber 1942-2023

Mister „Grünzeug“ und Mister „Klub der Freunde des S.C. Rapid“ ist im 81. Lebensjahr verstorben.

Gerhard Niederhuber unterstützte den Rapid-Nachwuchs und war ein lebendes Rapid-Lexikon. Er moderierte monatlich Mitgliederversammlungen im Klublokal des „Klub der Freunde“ und veröffentlichte seit April 1974 monatlich 834 Ausgaben des „Grünzeug“ und war seit 1989 Obmann des Vereins.

Anfänge

Die ältesten verfügbaren Dokumente des „Klub der Freunde“ sind „Mitgliederbriefe“ ab 1967. 1968 erschienen sechs Ausgaben einer professionell gestalteten „Clubzeitung“, danach folgten wieder Mitgliederbriefe. Alle diese Publikationen waren mit „Der Vorstand“ gezeichnet. Ab September 1969 wurden die Mitgliederbriefe und später auch das „Grünzeug“ bis 1989 mit grüner Farbe gedruckt, danach schwarz.

„Grünzeug“

Im April 1974 erschien die erste Ausgabe des „Grünzeung“ und Gerhard Niederhuber stellte sich damals mit folgenden Worten vor:

Wer aber ist nun für diese Beilage verantwortlich? Wenn es Sie interessiert, auf wessen Mist dieses „GRÜNZEUG“ (hoffentlich überwiegt nicht das Unkraut!) gewachsen ist, bitte sehr: mein Name ist Gerhard Niederhuber, Jahrgang 1942, Brillenträger, seit 1972 Vorstandsmitglied. Dass meine „Ergüsse“ für Sie sichtbar werden, ist das Verdienst unseres gemeinsamen Freundes und Vorstandsmitgliedes Karl Reif, dem damit zusätzlich zur allgemeinen Aussendung eine weitere Bürde aufgehalst wurde.

Bevor „GRÜNZEUG“ an unsere Mitglieder hinausgeht, wird der beabsichtigte Inhalt natürlich dem gesamten Vorstand zur Kenntnis gebracht. Vielleicht wird aber trotzdem manches nicht nach Ihrem Geschmack sein. Steinigen Sie mich deshalb nicht! Im Gegenteil: jeder von Ihnen, der es besser weiß, der gescheiter ist als ich (und davon gibt es sicher viele!), ist herzlichst eingeladen, mir seine Weisheiten zu übermitteln! Vielleicht hat mancher von Ihnen irgendeine Geschichte, eine Anekdote, die mit Rapid zu tun hat, auf Lager, die wir in „GRÜNZEUG“ veröffentlichen können. Sie treffen mich bei jeder Mitgliederversammlung. Darüber hinaus bin ich an Wochentagen zwischen 7 Uhr 50 und 16 Uhr unter der Nummer 95 76 46 Klappe 267 telefonisch zu erreichen.

Ich verspreche Ihnen, dass die Einleitung nicht immer so umfangreich sein wird wie diesmal. Aber beim ersten Male ist es eben zumeist so. Wenn Sie bis hierher gelesen haben sollten, werden Sie eingeladen, auch dem Rest des heutigen „GRÜNZEUGES“ Ihre geschätzte Aufmerksamkeit zu widmen!

Die Worte „Ich verspreche Ihnen, dass die Einleitung nicht immer so umfangreich sein wird…“ stimmte tatsächlich, denn der Autor von 684 Ausgaben des „Grünzeug“ stellte nie sich selbst, sondern immer nur Rapid in den Vordergrund.

Chronik

Anfangs war Gerhard Niederhuber Schriftführer, später Vizeobmann und ab 1989 Obmann des „Klub der Freunde des S.C. Rapid“. Er leitete den Verein bis 2022.

Während dieser fast 50 Jahre veröffentliche Gerhard Niederhuber 834 Ausgaben des „Grünzeug“.

KdF ein „Geheimbund“?

2001 begannen Florian und Franz dieses „Rapid“ zu erforschen. Wir nahmen an allen Veranstaltungen und Spielen teilen, die mit Schule und Beruf vereinbar waren. Aber nie nahmen wir wahr, dass es einen Verein gab, der schon 1951 gegründet worden ist.

Während eines ganzen Jahres – nahm ich an vorbereitenden Arbeiten an Domenicos Buchprojekt „Religion Rapid“ in der Rolle eines Data-Miners teil. Zur Rolle der Anhänger konnte ich zwar nichts beitragen, lauschte aber aufmerksam den Berichten von Walter G. über einen geheimnisvollen „KdF“, der schon seit Jahrzehnten Fans in einem Verein organisiert. In unserer letzten gemeinsamen Sitzung im Cafe Hummel lud mich Walter zu einer Mitgliederversammlung des „Klub der Freunde“ ein.

Erste Mitgliederversammlung 2010

Im November 2010 besuchten wir den „Klub der Freunde“ in seinem Klublokal – und waren begeistert. An einem Podium saßen zur Rechten und Linken des Moderators Gerhard Niederhuber die Gäste Zoki Barisic, Peter Elstner, Didi Kühbauer und Kurt Stöger. Die souveräne Gesprächsführung auf Augenhöhe mit den Gästen war sehr eindrucksvoll. Der Abend war der Beginn einer 13-jährigen Mitgliedschaft beim „Klub der Freunde“ und einer monatlichen Begegnung mit dem Obmann und „Grünzeug“-Autor Gerhard Niederhuber. Auch bei den Spielen von Rapid II begegneten wir ihm, allerdings saß er nicht beim sonstigen Publikum, sondern immer im „kleinen VIP“ auf West I, gemeinsam mit Rudi Edlinger, Gerhard Höckner und Peter Elstner. Im neuen Allianz-Stadion saß er im Sektor 11 auf der Ost-Tribüne. Während wir aber mit allen sonstigen Besuchern entweder sofort oder nach einem ersten gemeinsamen Bier per Du waren, blieb es bei Gerhard Niederhuber beim „Sie“. Ich glaube, er trank kein Bier, und ich wieder bin kein Raucher; und das musste man wohl sein, um mit ihm ungezwungen plaudern zu können.

60 Jahre „Klub der Freunde“

Im November 2011 lud der Verein anlässlich seines 60jährigen Bestandjubiläums zu einer großen Veranstaltung im Schutzhaus am Ameisbach, ein echtes Highlight, und es wurde mir immer unverständlicher, warum dieses Angebot für Rapid-Anhänger nicht mehr bekannt war. Was diesem Verein fehlte, war der Wille, sich beim Rapid-Anhang bekannt zu machen.

Autorität oder autoritär?

Nach einigen Jahren monatlicher Mitgliederversammlungen beginnt man das Geschehen zu analysieren. Einerseits war alles vorhanden, was einen Rapid-Anhänger freut: Kontakt mit den Rapid-Spielern und -Funktionären. Anderseits fehlte das, was man sich eigentlich von einem Verein erwartet: gemeinsames Erleben abseits der Mitgliederversammlungen. Zwischen dem Vorstand und dem Publikum war eine deutliche Distanz. Es bestand kein Zweifel an dem großen Fachwissen des Obmanns, doch zahlreiche Vorschläge für eine Zuwendung an potenzielle Mitglieder im Stadion hat er nicht unterstützt.

„Grünzeug-digital“

Im Klublokal waren viele Kisten voll mit alten Ausgaben des „Grünzeug“, und aus diesen Kisten holte ich mir je ein Exemplar von jeder Ausgabe und scannte alle ein; eine schöne Sammlung entstand. Aber es fehlten noch etwa 80 Ausgaben, und Gerhard Niederhuber hatte eine komplette Sammlung. Ich durfte mir die fehlenden Ausgaben von ihm ausborgen und scannte auch diese ein, sodass die digitalisierte Sammlung des „Grünzeug“ jetzt komplett ist.

Wohnort Reindorf

Gerhard Niederhuber wohnte in einem Gemeindebau in Reindorf, einem dörflich anmutenden Ortskern zwischen Sechshaus und Rudolfsheim mit Kirche und Dorfwirtshaus. Zwei Mal besuchte ich ihn. Es ging um das Projekt „Grünzeug-digital“.

Bei diesen Besuchen erfuhr ich, dass Gerhard Niederhuber selbst gar nicht kochte, sondern täglich im benachbarten „Dorf“wirtshaus, dem Gasthaus „Quell“ einkehrte. Mit seiner, sich durch die Migranten verändernden Umgebung war er gar nicht zufrieden, die berühmte „Pizzeria Mafiosi“ ganz in seiner Nähe wird er wohl nie besucht haben.

Eines Dienstags bekam ich einen Anruf vom Gasthof Quell, weil ihr Stammgast Gerhard Niederhuber schon den zweiten Tag nicht zum Mittagessen erschienen wäre und man sich Sorgen mache. Ich konnte die Dame beruhigen, denn wegen eines Schwächeanfalls verbrachte er damals einige Tage im Spital. Meine Nummer erfuhr man nach einer Google-Suche von unserer Homepage mit vielen Eintragungen von „Gerhard Niederhuber“.

Dokumentation

Aus Anlass, des Ablebens von Gerhard Niederhuber veröffentlicht die EwkiL-Seite Wissenswertes über den „Klub der Freunde“, insbesondere können alle Ausgaben des „Grünzeug“ gelesen werden.

Auf Wunsch des „Klub der Freunde“ wurden diese, den Verein betreffenden Seiten gelöscht.