Ist es riskant, ein Rapid-Mitglied zu sein?

„Rapid gehört den Mitgliedern!“ 

Diese Aussage kann man immer wieder von unserem Präsidenten hören. Das freut uns Mitglieder, wenn es etwas zum Feiern gibt.

Ebenso konnte man aber in der letzten Zeit hören, dass Rapid aus der einen Saison ohne Europacup-Teilnahme ein „negatives Betriebskapital“ von 1.5 Millionen Euro angehäuft hat, weil eben die teilweise budgetierten Europacup-Gelder ausgeblieben sind. Die Tendenz dieser Mindereinnahmen ist steigend, denn wer kann schon damit rechnen, dass man heuer mit den gebotenen Leistungen einen internationalen Platz erreicht und dann auch noch das Husarenstück eines Einzugs in die Gruppenphase wiederholen kann? Wenn also in der laufenden Saison dieses Kunststück nicht gelingen sollte, dann wächst dieses Defizit 2014 auf mehr als 3 Millionen an. (Mehr deshalb, weil sich weit und breit kein Spieler für einen gewinnbringenden Verkauf anbietet.) An weiter gehende Konsequenzen, wie zum Beispiel eine Verweigerung der Lizenz, wollen wir zunächst einmal nicht denken.

Wenn „Rapid den Mitgliedern gehört“, dann gibt es auch so etwas wie Verantwortung für das gemeinsame Projekt und es wäre nicht ganz abwegig zu überlegen, ob nicht die Mitglieder in einem solchen Krisenszenario für Außenstände haften. Ist es riskant, ein Rapid-Mitglied zu sein?

Die Statuten (Dank an OMS!) sagen nichts über die Haftung im Falle von Verlusten. Aber das Vereinsgesetz von 2002 weiß Genaueres. Dort steht im Paragraf 24 einerseits, dass Mitglieder in der Regel nicht haften aber, dass aber „Organwalter“ haften, wenn sie „Vereinsvorhaben ohne ausreichende finanzielle Sicherung in Angriff genommen“ haben.

Wir, die Mitglieder, sind daher „aus dem Schneider“!

Die im Vereinsgesetz angeführten Haftungen der „Organwalter“ sind aber eher eine hypothetische Sache, denn wie soll jemand für Beträge in Millionenhöhe haften, wenn er nicht in dieser Größenordnung vermögend ist? Das Vereinsgesetz hat sich da eher einen Kleingartenverein vorgestellt. Aus dieser irrealen Forderung nach einer Haftung könnte man auch schließen, dass sich eine solche Vereinskonstruktion für modernen Fußball-Profibetrieb nicht eignet. Sie erinnert an eine Bank mit zu geringen Eigenkapital, die aber Risikogeschäfte eingeht, die weit dem Wert der Spareinlagen liegen.

Aber anders als bei Banken kann ein Fußballverein nicht auf eine Rettung aus Gemeindebudgets hoffen. Und auch bei Banken wird in Zukunft eher ein organisierten Konkurs als staatliche Hilfe angestrebt.

Genau das, was jetzt mit Banken passiert, dass sie nämlich ein Konzept für einen eventuellen Bankrott haben müssen und höhere Eigenkapitalquoten, das könnte auch unseren Fußballklubs, die sich in einem ähnlich riskanten Fahrwasser bewegen, nicht schaden. Höheres Eigenkapital, das wären zum Beispiel höhere Mitgliederzahlen, damit der Anteil des Risikokapitals in Relation geringer wird oder auch verpflichtende Rücklagen für den Krisenfall könnte man als Maßnahmen des Vereins zur Risikoabdeckung sehen.

Der Mitgliederverein Rapid

Die Mitglieder eines Vereins verfolgen ein gemeinsames, gemeinnütziges Ziel und nominieren als Vertreter einen Vorstand, der den gemeinsamen Einsatz, die Mitgliedsbeiträge, im Sinne der Vereinszwecks verwendet. Sofern der Verein entgeltliche Leistungen erbringt, dann darf er das, sofern er diese Leistungen ausschließlich an Mitglieder abgibt. Verkauft er auch an andere Personen, ist er ein Gewerbebetrieb. Der SK Rapid lagert deshalb auch seine unternehmerischen Tätigkeiten in die Wirtschaftsbetriebe aus, die als  eigene Firma geführt werden.

Das jährlich von den Mitglieder eingebrachte Kapital beträgt etwa 500.000 Euro (5000 Mitglieder à 100 Euro). Und dieser Betrag wird wahrscheinlich auch für mitglieder-orientierte Leistungen aufgewendet werden müssen (Magazin, Mitgliederversammlungen, Webpräsenz, Fan-Corner, Weihnachtsfeier). Viel Fußball werden wir daher für unsere Mitgliedsbeiträge nicht bekommen können.

Bleibt der Sportbetrieb, der in seinem Ausmaß weit über die Mitgliedsbeiträge hinaus geht (etwa. das dreißig- bis vierzig-fache der Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen) und zusätzlich Einnahmen aus verschiedensten Quellen erschließt. All das ist ja sehr erfreulich. Es kann aber gefährlich werden, wenn dem Spielbetrieb mit konstanten Ausgaben zufallsbedingte, sinkende Einnahmen gegenüberstehen. Wenn es einmal nicht so läuft, wie man sich das vorstellt und der Gleichstand aus Einnahmen und Ausgaben nicht mehr gegeben ist. Eine Saison, vielleicht zwei kann man sich über Wasser halten, aber was dann?

Ein Spieler strauchelt über ein paar Fehler im Spiel, ein Trainer über ein paar verlorene Spiele, ein großer Verein über ein paar Saisonen ohne internationale Spiele oder/und sinkendes Interesse bei Sponsoren.

Quote 1:30

Es muss schon eine verrückte Wette sein, die die Auszahlung des dreißig-fachen Einsatzes verspricht. Und sie funktioniert so: man geht in den Fan-Corner, kauft eine Rapid-Mitgliedschaft und besitzt damit ein jährliches Kapital im Ausmaß des dreißig-fachen Einsatzes – wenn Rapid den Mitgliedern gehört. Aber es ist nur ein ideeller Wert, ausgezahlt werden nur Titel und auch nur dann, wenn alles passt. Derzeit passt nicht viel.

Wer besitzt daher „Rapid“ wirklich?

Die eigentlichen Besitzer von Rapid sind alle, die in diese Marke investieren: die Sponsoren, die Medien, die Zuschauer, die Mitglieder, die Wirtschaftsbetriebe. Anteilig eben. Und so gesehen besitzt ein Mitglied eben den Wert seiner 100 Euro, denn die weitaus größere Beteiligung an Rapid kommt von anderswo.

Und unser Interesse als Mitglied muss es sein, diese anderen in ihrem Investment zu bestärken. Wir alle können dazu beitragen, dass unser 100-Euro-Los einen größeren oder kleineren Wert hat.

Rapid zu „besitzen“ ist sehr flüchtig, eher so etwas wie der Meisterteller. Weil man laufend investieren muss, um es laufend zu „besitzen“.  Eher ein Fluss, der ohne Wasser versiegt und eher wie eine Mietwohnung, die man ohne Mietenzahlung verliert. Auch Anhänger, die nicht mehr ins Stadion kommen, haben ihren Anteil an Rapid abgegeben.

Rapid ist eine Firma

Rapid ist nur dem Namen nach ein Verein, der längst zu einer einer großen Firma geworden ist, und der Vereinsbegriff nur mehr aus emotionalen Gründen („Rapid gehört den Mitgliedern“) aufrecht erhalten wird. Durch verschiedene Konstrukte wie die des Wahlkomitees wird versucht, den eigentlichen Investoren Sicherheit zu bieten.

Aber genau genommen gehören Mitgliederverein und Sportbetrieb getrennt, das sind verschiedene Dinge. Weder können wir, die Mitglieder, Budgetlöcher des Sportbetriebs in einem Krisenfall abdecken, (daher gehört uns eben Rapid nicht, weil wir die Geschicke nicht im Sinne eines Eigentümers verantworten können) noch kann der Sportbetrieb im Sinne der Verantwortung gegenüber den Mitgliedern ein risikoloses Budget erstellen, denn Risiko ist Teil des Geschäfts.

Mein Vorschlag in der Angelegenheit „Rettet Rapid“ wäre, die Wirtschaftskundigen auf die Suche nach einer alternativen Betriebsform für den Sportbetrieb zu suchen und dabei die Anliegen der Mitglieder nicht zu vergessen. Wir wollen ja nicht in die Nähe von „Dosenanbetern“ gestellt werden.

Risikobeteiligung

Jeder, der durch Rapid verdient, viel verdient, dessen Vertrag könnte mit einem höheren erfolgsbezogenen Anteil versehen sein, damit bei einer Saison ohne internationale Spiele diese Vertragsoption Einnahmenausfälle zumindest leicht abfedern könnte.

Vielleicht könnte man auch bei Sponsorverträgen eine solche Komponente einbauen, in dem Sinn, dass das Investment günstiger wird, wenn Rapid erfolgreich ist, Rapid also etwas zurückzahlt oder eine längere Vertragszeit zum selben Preis bietet.

Woraus besteht daher der Wert von Rapid?

Der Wert liegt in der Marke, die einerseits eine historische Größe ist, und die auch auf die meisten Anhänger unter allen Fußball-Klubs in Österreich zählen kann, in dem Vertrauen der Investoren in diese Marke, den Wert, den wir der Marke durch unsere Anhängerschaft geben und der sportlichen Qualität, die die Mannschaft in jeder Saison, bei jedem Spiel, bei jedem Zweikampf aufs Neue beweisen muss.

Kurz gesagt müssen alle, der Vorstand, die Trainer, die Mannschaft, die Mitglieder und die Anhänger dafür sorgen, dass es möglichst wenig Negativ-Schlagzeilen gibt und der Wert der Marke erhalten bleibt.

„Alle schuldig“ ist ein gar nicht so schlechter Sager.

  • Wenn man sieht, wie die Mannschaft Fußball spielt,
  • wenn man liest, dass Rapid budgetäre Schwierigkeiten hat, 
  • wenn weniger Zuschauer im Stadion sind (3450 Zuschauer beim Cupspiel gegen Pasching),
  • wenn man statt einer Choreografie das wenig ermutigende „bis auf Weiteres geschlossen“ sieht
  • wenn Rapid Schlagzeilen macht aber nicht sportlich sondern durch Fanproteste,
  • wenn man hört, welche Sprüche man auf den Tribünen von Anhängern hört,
  • sogar, wenn Spieler bei Polizeiaktionen auffallen;

Jede Zeile in dieser Liste beschädigt die Marke „Rapid“, und wie sehr, das merkt man, wenn man hört,

  • wie schwer sich Andy Marek tut, die beschädigte Marke „Rapid“ bei Spielbeginn anzukündigen, 
  • wie schwer Werner Kuhn einen Rückensponsor findet, 
  • dass sogar begabte Neuzugänge zweifeln, ob ihre Entscheidung zu Rapid zu gehen, die richtige war.

Vielleicht ist ja das Saisonende eine Gelegenheit, diese Negativ-Spirale aufzubrechen.

Solange sich Rapid in internen Schuldzuweisungen ergeht, reiben sich die jeweiligen Konkurrenten um die Gunst des Publikums und der Geldgeber die Hände, weil ja alle im selben Teich fischen. Und da sich alles auch auf den Sportbetrieb auswirkt, freut sich auch die sportliche Konkurrenz.

Wir, die Anhänger, können den Wert unserer Marke „Rapid“ beeinflussen. Zum Beispiel durch mehr Solidarität.

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