Auswärtstorregel

Auswärtstorregel seit 1965

Die Auswärtstorregel gibt es seit 1965. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es bei Gleichstand in KO-Duellen die Notwendigkeit eines dritten Entscheidungsspiels. Diese Entscheidungsspiele waren aber durch die zunehmende Enge der Terminkalender schwer unterzubringen.

Rapid-Real, der Auswärtstor-Klassiker

Wie toll es für Rapid gewesen wäre, hätte es die Auswärtstorregel schon früher gegeben, kann man an folgender dramatischer KO-Runde ablesen.

Achtelfinale im Europacup der Meister 1956, Rapid-Real Madrid

1956-11-01 A 2:4 (Bernabeu, 125.000), drei Tore von Ernst Happel
1956-11-14 H 3:1 (Praterstadion, 53.000), Tore von Robert Dienst und Karl Gießer

Nach der heutigen Auswärtstorregel wäre also Rapid aufgestiegen. Da es diese Regel damals nicht gab, benötigte man ein Entscheidungsspiel, und dieses wäre normalerweise auf neutralem Boden ausgetragen worden. Aus Erzählungen ist mir bekannt, dass Rapid (wahrscheinlich) wieder irgendein Finanzloch zu schließen hatte. Rapid verkaufte daher das Recht, auf neutralem Boden zu spielen, an Real. Man spielte also nicht in der Schweiz sondern wieder im Bernabeu-Stadion

1956-12-13 A 0:2 (Bernabeu, 100.000)

und verlor damit das Achtelfinale.

Achtelfinale im Europacup der Meister 1965, Rapid-Real Madrid

Rapid spielte nach 1965 noch einmal gegen Real, wieder im Achtelfinale des Europacup der Meister
1968-11-20 H 1:0 (Praterstadion, 45.000)
1956-12-04 A 1:2 (Bernabeu, 80.000)
und stieg wegen der geltenden Auswärtstorregel auf, schied aber im Viertelfinale gegen Manchester United aus.

Vorteil im KO-Duell: zuerst das Heimspiel

Bei der Auslosung der Qualifikationsrunden fragt man sich, welche Reihenfolge vorteilhafter wäre: zuerst das Heimspiel oder zuerst das Auswärtsspiel? Meine Antwort: man sollte immer zuerst das Heimspiel bestreiten wollen, denn die Auswärtstorregel enthält in den meisten KO-Bewerben bei Verlängerungen einen nicht kompensierbaren gravierenden Nachteil für die Heimmannschaft.

Beispiel Deutsche Relegation

Wir wollten und das zweite Relegationsspiel Karlsruhe-HSV nicht entgehen lassen und verfolgten das Spiel auf der Großleinwand des Admiral-Wettcafes im Hauptbahnhof. Das erste Spiel endete bekanntlich 1:1 und das Auswärtsspiel für den HSV stand am Ende ebenfalls 1:1 und ging daher in die Verlängerung.

Ich staunte nicht schlecht, als der Sprecher davon sprach, dass die Auswärtstorregel auch bei Verlängerungen gelten würde. Die Folge wäre gewesen, dass bei einem neuerlichen 1:1 in der Verlängerung der HSV aufgestiegen wäre. Und es war knapp dran, denn der HSV ging in der Verlängerung in Führung und kurz darauf gab es auf der Gegenseite einen Elferpfiff. Der Elfer wurde aber gehalten, daher war das Ergebnis eindeutig. Aber auch wenn es zu einem 1:1 gekommen wäre, hätte das Karlsruhe wegen der auch in der Verlängerung geltenden Auswärtstorregel nichts genutzt.

Gleichbehandlung

Die Regeln im Fußball sind auf Fairness gegenüber beiden Kontrahenten ausgelegt. 

Um eventuelle Nachteile der Spielrichtung auszugleichen, werden zwei Halbzeiten gespielt. Um den Heimvorteil auszugleichen, spielt man in KO-Duellen zwei Begegnungen. 

Aber eine Verlängerung bei Gleichstand kann nur im zweiten Spiel erfolgen und daher sollte seitens der Regeln auch in dieser Verlängerung diese grundsätzliche Fairness eingerichtet werden. 

Genaugenommen müsste man die Verlängerung wegen der Gleichbehandlung beider Teams an beiden Spielorten austragen, was aber natürlich organisatorisch unmöglich ist. Da man das eben nicht kann, müsste man fairerweise in diesem Spielabschnitt die Auswärtstorregel außer Kraft setzen und beiden Teams wieder dieselben Chancen geben (man beginnt ja sozusagen wieder von vorn).

Aus der Sicht des Magazins „11 Freunde“ ist die Auswärtstorregel „die größte Ungerechtigkeit im Fußball“. Ich würde das einschränken darauf, dass die Auswärtstorregel in einer Verlängerung eine ziemliche Benachteiligung der Heimmannschaft darstellt.

Gilt die Auswärtstorregel in der Verlängerung immer?

In der Wikipedia erfährt man, dass verschiedene Bewerbe diese Auswärtstorregel in der Verlängerung verschieden handhaben. Aber die für uns interessanten Bewerbe wie Champions-League, Europa-League und auch die Relegation in Deutschland wenden diese Regel in dieser Form an, dass eben Auswärtstore auch in der Verlängerung bei Gleichstand mehr zählen. 

Da es aber Bewerbe gibt, wo bei Verlängerungen die Auswärtstorregel ausgesetzt ist, sieht man, dass es ja bei den Verbänden durchaus verschiedene Ansichten gibt.

Wie ist es in Österreich?

Es wäre interessant zu erfahren, wie der ÖFB diese Regel bei den Relegationsspielen anwendet. In den „Spielregeln aus 2012“ steht nicht viel darüber. Der einzige Hinweis lautet auf Seite 172:  

„Auswärtstore
Die Wettbewerbsbestimmungen können vorsehen, dass bei unentschiedenem
Spielstand nach Hin- und Rückspiel die Auswärtstore doppelt zählen.“

Da über eine Verlängerung nichts besonderes gesagt wird, muss man annehmen, dass das auch für eine Verlängerung gilt. 

Da im österreichischen Cup nur eine Begegnung gespielt wird, sollte es auch keine Auswärtstorregel geben. 


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