Die undankbare Famile

Frei nach dem Märchen „Der undankbare Sohn“ aus der Märchensammung der Gebrüder Grimm.

Es war einmal ein berühmter Fußballverein. Er nannte sich „Rapid“ (=“schnell“). Und er war stolz darauf, dass er die Gemeinschaft aller Protagonisten und Anhänger als eine „Familie“ bezeichnete. 

Und der Verein hatte einen verdienstvollen Trainer, der zuerst die Jugendmannschaften und dann, als Not am Mann war, auch die Kampfmannschaft trainiert hat. Zuletzt führte dieser Trainer das Team in drei aufeinanderfolgenden Jahren auf den zweiten Tabellenplatz und sorgte dafür, dass der Ruhm des Vereins sich in internationalen Bewerben vermehrte.

Dass er nicht den ersten Platz belegte, lag an einem übermächtigen Konkurrenten in Salzburg. Die Spieler liebten ihren Trainer, der manche von ihnen schon in ihren Jugendjahren betreute.

Doch dem Verein und auch so manchem Anhänger war dieser zweite Platz nicht genug, man wollte mehr. Und als das neue Stadion errichtet wurde, meinte man den richtigen Zeitpunkt gewählt zu haben, sich von dem alten Trainer zu trennen. 

Und dabei vergaß man ganz auf die Tugenden, die man bei allen erdenklichen Gelegenheiten beteuert hat, nämlich, dass man eine Familie sei und dass man zusammenhalten müsse; und dazu hätte ein faires Verhalten gegenüber allen Familienmitgliedern gehört, zum Beispiel so etwas wie Dankbarkeit gegenüber dem Trainer.

Stattdessen musste der Trainer unbedankt gehen. Er durfte sich nicht einmal von seinen Spielern und Anhängern verabschieden.

Seit dieser Zeit lastete ein Fluch auf Rapid und die Leichtigkeit des Siegens war verflogen. Sogar der Abstieg war möglich und die Tageszeitungen begannen schon davon zu berichten, dass der einst so unbezwingbare Verein drohte, in die Bedeutungslosigkeit einer Unterliga abzusteigen. Krone vom 2.4.2017

Das Märchen ist an dieser Stelle unerbittlich. Der undankbare Sohn hat in seinem weiteren Leben keine Chance, dem Fluch zu entkommen; hoffentlich nur im Märchen! Die letzten Monate haben eine große Ähnlichkeit mit einem „Fluch“. Alle Ergebnisse sind so, als wäre es ganz egal, was man dagegen unternimmt. Das Unterbewusste hat möglicherweise mehr Macht in diesen Unwägbarkeiten als uns liebt ist. Der Krone-Bericht betrachtet die Situation aus der Sicht der Liga aber das ist nicht wirklich das Problem. Das eigentliche Problem ist die Größe des Vereins. Ein schlanker, junger Bundesligaverein, sagen wir Altach oder Mattersburg hat im Vergleich zu Rapid einen viel geringeren Overhead und der Großteil der verfügbaren Gelder fließen in die Mannschaft. Durch einen Abstieg verringert sich zwar der Mannschaftswert aber der Verein kann ohne wesentliche Strukturänderung in der Erste Liga weiterleben. Bei Rapid ist das nicht so, denn Rapid muss eine ungleich größere Beschäftigtenzahl erhalten, einen gewichtigen Kredit bedienen. Die Vereinsstruktur müsste sich praktisch von einem Tag auf den anderen schlagartig verändern. Ob das der Verein insolvenzfrei aushalten kann, das scheint mir das Problem zu sein. Eine solche Situation wäre aber dann eine Nagelprobe für den Mitgliederverein Rapid, denn die Mitglieder wären in ihrer Gesamtheit aufgefordert, rettend einzugreifen.

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