Rapid-RB

1:4 (0:3)

Das Spiel stand unter keinen guten Voraussetzungen. Es gab viele verletzte Spieler, und die Art der Aufstellung mit dem Neuling Müldür machte den Eindruck eines „letzten Aufgebots“. Das Cup-Aus von RB kam uns auch nicht gerade entgegen, der Gegner wollte zeigen, dass er auch ein für ihn unwichtiges Spiel ernst nimmt. Die hohe Niederlage wurde auch durch Schiedsrichterentscheidungen und eine gewisse Naivität begünstigt. Ausreden? Ja, auch; aber um einen Gegner wie RB zu schlagen, muss auch zufällig alles passen, denn es ist kein Spiel der ausgeglichenen Chancen wie uns die Buchmacher glauben machen (2,3 : 3,2 : 2,8). RB ist in den meisten Belangen die überlegene Mannschaft und für einen Erfolg muss eben alles zu unseren Gunsten zu liegen kommen und natürlich auch das Spielglück im Detail.

Unser Gegner

An Anfang der Saison, bei unserem ersten Auswärtsspiel, hatten wir den Eindruck mit RB mithalten zu können. Wir waren damals dem Sieg näher als RB. Heute schaut das Kräfteverhältnis aber anders aus. Teilweise liegt das an unserer beachtlichen Verletztenliste, teilweise liegt es aber auch daran, dass der Gegner eine ganze Reihe höchst fordernder Spiele in der Euro-League absolviert hat und diese Spiele nicht nur belastend waren, sondern ein Team mehr fordern als es die heimischen Spiele imstande sind. RB hat sich im Lauf der Saison enorm weiterentwickelt, Rapid konnte damit nicht mithalten.

Wir sind Rapid, und wer seid Ihr?

Es wirkt ein bisschen naiv, wenn sich unser Philipp Schobesberger in einen Kampf à la Macro Arnautovic mit zwei oder gar drei Salzburger Gegenspielern einlässt, etwa nach dem Motto „Wir sind Rapid, und wer seid Ihr?“. Den Ball abzugeben, statt sich auf einen so ungleichen Kampf einzulassen, wäre eher angebracht. Überhaupt  kann man an den überwiegend verlorenen 1:1-Situation erkennen, dass der Gegner einfach um Einiges mehr an Erfahrung verfügt und man in den Zweikämpfen meist der Unterlegene ist.

In Hütteldorf einen Elfer pfeifen…

…dürfte eine große Überwindung kosten. Laut Berichten von Medien, wäre zumindest einmal ein Elfer zu geben gewesen aber man pfeift so etwas nicht gern vor starkem Heimpublikum, denn nichts dürfte dem Image eines „Unparteiischen“ mehr schaden als ein Nachgeben in einer solchen Situation, noch dazu, wenn der Gegner der Meister ist.

Unser Gegner ist kein Verein

Unser Gegner ist nicht ein Fußballverein wie andere, unser Gegner ist ein Fußballkonzern mit einer für die österreichischen Verhältnisse  unerschöpflichen Geldquelle. Es gibt idealistische junge Spieler, die vielleicht noch den Mythos Rapid mehr Gewicht einräumen als dem Gehalt. Aber es kommt ein Alter, in dem die Lebensplanung eine Rolle spielt und das Geld allein den Ausschlag für einen Vertrag darstellt. Spieler, wie sie RB verpflichten und halten kann, stammen von einem Spielermarkt, der praktisch allen anderen Mannschaften nicht offen steht.

Den Wöber hätten wir halten sollen…

…konnte man anlässlich der nachgeholten Verabschiedung hören. Erinnern wir uns an diesen Wunsch bei der Veröffentlichung des Jahresberichts 2017/18 im November. Meine Prognose: der Bericht wird uns eine ausgeglichene Bilanz präsentieren. Gar nicht auszudenken, wie diese Bilanz ausgesehen hätte, wenn es diesen Transfer nicht gegeben hätte. Schlüpfen wir nur einen Moment in die Rolle von RB. Es wäre dort kein Problem gewesen, Wöber ein attraktives Gehalt zu bieten, etwas, was Rapid trotz eines (für österreichische Verhältnisse) Megabudgets nicht hätte aufbringen können, ganz abgesehen von dem Loch, das sich ohne diesen Transfer aufgetan hätte.

Die Aufstellung

Üblicherweise werden junge Spieler behutsam an die Kampfmannschaft herangeführt. Man kann es an Armin Mujakic  gut beobachten. Armin hat es in 7 Einsätzen erst auf 36 Spielminuten gebracht. Das Trainerteam wir schon wissen, warum man das so macht. Daher war Mert Müldür auch bisher nur auf der Bank vertreten und hatte noch keinen einzigen Einsatz in einem Bewerbspiel der Kampfmannschaft. Die vielen Ausfälle waren aber ein Problem, keine Frage. Warum aber bei einem derart anspruchsvollen Gegner ein junger Spieler – fast könnte man sagen – verheizt wird, muss gewichtige Gründe haben, die wir nicht kennen. Natürlich hätte es auch gut gehen können, aber nach unserem Eindruck war die nicht gut organisierte Abwehr in der ersten Spielhälfte auf diesen Umstand zurückzuführen. Wenn in der Innenverteidigung ein Neuling aufgeboten werden muss, und das auch noch bei einem sehr starken Gegner, ist es ratsam, dem jungen Spieler Unterstützung zu geben und das ist auch geschehen, indem mit einer 3er-Innenverteidigung gespielt wurde aber leider haben die tragischen Verletzungen von Kuen und Müldür diese Integrationsabsicht zunichte gemacht.

Verletzungen

Vielleicht ist es deshalb, weil wir unsere Mannschaft mehr beobachten als alle anderen, aber die Verletztenliste bei Rapid ist in der letzten Zeit beachtlich, und man fragt sich, ob das einfach Pech ist oder etwas anderes. Wir schauen immer auf Ronaldo oder Messi. Diese Spieler sind sehr selten verletzt. Ob es nicht daran liegt, dass sich diese Spieler durch ihre Athletik (Ronaldo) oder Wendigkeit (Messi) den direkten Duellen und damit der Verletzungsgefahr entziehen? Abspielen statt kämpfen wäre so etwa ein Motto, das man auch verstärkt trainieren könnte. Der Pass zum Mitspieler erfordert bei unseren Spielern oft zu viele Sekunden des Gustierens und Überlegens – und schon ist der Ball beim Gegner, weil man sich zu lange Zeit gelassen hat. Man kann natürlich auch sagen, dass genau das der Qualitätsunterschied zu Spielern von RB ist. Und der hohe Zweikampfanteil (wegen zu spätem, ungenauem Abspiel) die Verletzungsgefahr erhöht. Bei internationalen Spitzenspielen hat man als Zuschauer das Gefühl, dass ein Spieler zu dem Zeitpunkt als er angespielt wird, bereits einen genauen Plan hat, was mit dem Ball geschehen soll. Er überlegt nicht, wohin er den Ball spielen könnte, er weiß es schon. Dieses vorausschauende Spiel kann man natürlich auch bei Rapid beobachten aber leider immer nur ansatzweise.

Die Psychologie

Leider war das Ausscheiden von RB im Cup für unser Muttertagsspiel nicht die beste Ausgangslage. Für uns nicht, weil wir mit einer gewissen Verbitterung erleben mussten, was alles möglich ist, auch gegen RB. Aber auch für RB nicht, denn so etwas, wie uns Bayern am Vortag durch seine 1:4 Heimniederlage gegen Stuttgart vorgeführt hat, wollte RB offenbar nicht nachmachen. Man wollte angesichts der Cup-Niederlage zeigen, dass man genug Kräfte hat, die man in Hütteldorf zeigen kann. Ganz anders wäre es wahrscheinlich gewesen, hätte RB das Cupfinale gewonnen. Früher war es üblich, dass die Heimmannschaft für eine Mannschaft, die als Meister feststeht, ein Spalier bildet. Zuletzt soll das die Austria für RB gemacht haben, doch „Wir sind Rapid, und wer seid ihr?“ macht es schwer, eine solche unterwürfige Haltung einzunehmen. Im Tierreich ist aber eine solche Demutshaltung ein der Arterhaltung dienendes Verhalten. Es erzeugt eine der Art eigentlich unübliche Tötungshemmung gegenüber dem Artgenossen. Ein älterer Hund, dem ein jüngerer in einer solchen Auseinandersetzung zu verstehen gibt, „Du bist der Stärkere“, der wird nicht weiter angegriffen. Nun ist Rapid kein Verein, der sich so verhalten würde, einfach um eine gewisse Restwürde zu wahren. Darum geht es aber im Fußball nicht, sondern es geht um Punkte. Es könnte daher sein, dass eine (eher unnatürliche) Demutshaltung, ein ganz anderes Spiel hätte entstehen lassen.

Fredy Bickel streut Rosen…

…und meint in einem Interview in Die Presse „Hut ziehen, was Salzburg geleistet hat“. Nun, man ist nicht unfreundlich am Niveau der Sportdirektoren. Und da man die Situation der Kräfteungleichgewichts ohnehin nicht ändern kann, ist es weniger stressig, wenn man gute Mine zum ungleichen Spiel macht. Fußball versucht in allen Details fair und gerecht zu sein. Aber darüber, wie das Geld zu erwirtschaften ist und wie die Besitzverhältnisse von Fußballvereinen sein dürfen, darüber gibt es (fast) keine Regeln. Wir, die Zuschauer müssen da nicht mitspielen. Ich meine eher „Mit vollen Hosen ist leicht stinken.“ Jeder Vergleich eines österreichischen Fußballvereins mit einem Gebilde, dessen alleiniger Auftrag es ist, ein Sportimperium zu betreiben und der mit der Beschaffung des Geldes nichts weiter zu tun hat, ist nach meinem Gerechtigkeitsempfinden nicht angebracht. Mich erinnert die Situation bei RB eher an die der Bundesländer in Österreich: Geld ausgeben, das anderswo erwirtschaftet wurde. Da kann man dann leicht Kreisverkehre im Wochentakt eröffnen. Oder eben – wie bei RB – Siege einfahren, mit einem Team, das für einen Spieler allein eine Jahresgage von mehr als 2 Millionen Euro zahlen kann. Man kann einwenden, dass den „Dorfklubs“ auch Rapid schon als Riese erscheinen muss und dort dieses Verhältnis eben so gegeben sein muss. Nach meiner Ansicht besteht aber im gestalterischen Spielraum zwischen den neun klassischen Vereinen kein so großer Unterschied als es von den Budgetzahlen abgeleitet werden könnte. Der Grund liegt im Umstand, dass für die Erwirtschaftung von 30 Millionen Jahresbudget bei Rapid bereits 200 Beschäftigte bezahlt werden wollen (darunter auch sehr viel, die sich mit uns, den Anhängern, herumschlagen) und die Dorfklubs an dieser Front sehr viel geringere Ausgaben haben. Der Budgetüberschuss, der schließlich dem Sportdirektor verbleibt, liegt in einer Größenordnung, die eher an die bei Mattersburg als die bei RB erinnert.

Ein Lob dem Block West

Vermutlich wollte man dem Gegner keine Kulisse bieten, vielleicht ahnte man auch, dass hier nicht viel zu gewinnen sein wird und man eine ähnlich peinliche Vorstellung wie die der Violetten beim Derby vermeiden wollte. Keine Choreografie, keine Spruchbänder, wenig „Rauch“. Dennoch toller Pro-Rapid-Support 90 Minuten lang. Entbehrliche Pfiffe für unser Nummer 55 bei dessen Auswechslung. Einige Pfiffe am Ende des Spiels, aber es war wohl allen klar, dass da nicht zu holen war. Zu Thanos fällt mir auf, dass man im Publikum der Meinung ist, er würde nicht mehr so gut spielen als damals unter Zoki. Was, wenn er noch immer so gut spielt aber die Ansprüche einfach gestiegen sind und unsere Liga an Niveau zugelegt hat?

Ján

Kein Spiel, bei dem ich nicht unseren Ján besuche, der mit großem Werbeaufwand versucht, den Augustin an den Mann/die Frau zu bringen. Ganze 9 Euro bei einem Spiel mit Spitzenbesuch hatte er nach dem Spiel in seinem Geldbeutel. Und da dürfte bereits meine Spenden enthalten gewesen sein. Ján gehört nicht zu den Glücklichen, die durch eine Sammelaktion des Block West profitiert, aber Ján ist bei jedem Heimspiel vor dem Stadion und bittet Euch mit Musikuntermalung einen Augustin abzukaufen. Besucht ihn, investiert nicht nur in das Pub, den Fanshop und den Kiosk, investiert auch in unseren Augustin-Verkäufer Ján.

Was tun nach so einer Pleite?

Um mit Obelix zu sprechen: man kaufe sich ein gutes Eis. Einer der besten Eissalons der Stadt befindet sich in der Laxenburgerstraße. Familie Gavaz verkauft Gefrorenes, wie es hierzulande richtig heißt, seit 83 Jahren. Tizi, wie ihn seine Frau liebevoll nennt, hat heuer eine sensationelle Eissorte geschaffen: Bitterschokolade.

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